Pagan-Kultur: Naturverehrung und Paganismus in England
Paganismus meint eine ganze Reihe von neuen religiösen Strömungen, die sich an alten Naturreligionen und den Glaubensrichtungen vormoderner Zeiten orientieren.
In diesen Religionen spielten die Zusammenhänge in der Natur, das Steigen und Abnehmen der Lichtkräfte, die Jahreszeiten, Naturwesen und Götter eine zentrale Rolle.
Paganismus: Wortherkunft und Bedeutung
Das Wort selbst leitet sich vom lateinischen „paganus“ für „heidnisch“ ab. Schaut man sich den Wortstamm noch weiter an, findet man die Verwandtschaft zu „pagus“ beziehungsweise „Dorf“. Der Paganismus entspricht damit dem, was man früher als Volksglauben oder in bestimmten Zusammenhängen auch als Aberglauben bezeichnet hätte.
Pagan bedeutet heute weder eine feste Religionszugehörigkeit, noch den Glauben an bestimmte Gottheiten oder die Ausübung bestimmter Rituale. Vielmehr finden sich unter der neuzeitlich paganischen Strömungen Menschen zusammen, denen an einer neuen (alten) Sichtweise der Natur und dem Aufleben alter Kulte liegt.
Viele heidnische Kulte haben sich bis in die Neuzeit bewahrt, wurden nur von christlichen Strukturen überschrieben: Neben Weihnachten (heidnisches Lichtfest und römisches Saturnfest) sind Oster-Kulte, die Bezeichnungen unserer Wochentage und Monate, Mond- sowie Bauernkalender sind Reste alter Volksreligionen.
Paganismus in Großbritannien und England
Obwohl sich der Paganismus nicht auf die alten Glaubensrichtungen bestimmter Länder, Nationen und Völker beschränkt, gibt es gewisse Tendenzen. So leben im Zuge der erneuten Blüte alter Kulte insbesondere die Kultur der Kelten, der Germanen, Wikinger, Druiden sowie Hexen (Wicca-Kult) und Seherinnen (Völvas) wieder auf.
Großbritannien und England gelten als wahrhaftige Zentren des Neuheidentums, was sich unter anderem durch die Vielzahl beeindruckender Monumente und Schauplätze heidnischer Kulte erklärt.
Ein anderer Grund, warum auf der Insel der Naturglaube heute wieder besonders stark ist, ist die ganz andere Kirchenstruktur. Der Naturglaube konnte sich besser erhalten.
In England hatten Spiritismus, Wahrsagen, Geistheilen und die Naturheilkunde immer noch einen Platz im Leben der Menschen. Nicht zuletzt gibt es dort die meisten Schlossgespenster, magische Kornkreise, eine der ältesten spiritistischen Schulen (Arthur Findley College) sowie viele heute noch lebendige Mythen um König Artus, das magische Reich Avalon, die große Göttin, Elfen- und Feenreiche.
Der Glaube, dass diese Reiche nicht nur der Fantasie entspringen, sondern in anderen Dimensionen der Wirklichkeit existieren, ist in England und Großbritannien sehr lebendig geblieben.
Doch auch anderswo ist die Sehnsucht der Menschen nach alten Märchen, Lichtkulten und der Magie heidnischer Stätten aktiv. Gerade weil die moderne Kultur uns zunehmend entfremdet, sucht eine immer größer werdender Personenkreis nach der Rückbesinnung auf alte Kulte, die andere Antworten und Einsichten liefern als das kirchliche Christentum.
Tausende Menschen pilgern zu den großen Stätten heidnischer Kulturen wie Stonehenge oder Glastonbury (Eingang nach Avalon) nicht nur, um sie zu sehen, sondern um sie zu erleben und Anbindung an die Erdmutter zu finden.
An vielen Orten haben sich paganisch orientierte Gruppen und Strömungen gebildet, die sich unterschiedlichen Themen und Glaubensvorstellungen widmen können.
Rituale finden sowohl in der Öffentlichkeit als auch im privaten häuslichen Umfeld statt. Gruppen zelebrieren frei, schließen sich als geheime Zirkel zusammen, Einzelpersonen führen kleine Rituale durch und gestalten Gärten feen- und elfengerecht.
Die großen Lichtfeste
Heute weiß man, dass Monumente wie Stonehenge dafür konstruiert waren, Ereignisse des Sonnenlaufes zu verfolgen und in intensivierter Form wahrzunehmen.
Die großen Lichtfeste Samhain und Beltane, zu den Sonnenwenden in Frühling und Herbst sowie die Tagundnachtgleichen waren in den heidnischen Religionen große Feierlichkeiten. Verehrt wurden zudem weibliche Mondenkräfte, die für das Heben und Senken der Wasser (Ebbe und Flut) zuständig waren.
Daneben gab es unzählige Abwandlungen von Licht- und Elementargottheiten, die in unterschiedlichen Gewändern zu verschiedenen Zeiten auftauchten und angerufen wurde.
Vermutlich nahmen unsere Vorfahren Naturwesen und Astralreiche noch besser wahr. Heute ist das hellsichtigen Menschen vorbehalten, die gottähnliche Wesenheiten, Elfen und andere mystische Naturphänomene sehen oder fühlen können.
Kraftorte in der Natur
Im Paganismus spielt die Verehrung der Natur und der in ihr waltenden unsichtbaren Schöpferkräfte die überwiegende Rolle. Verehrt werden Bäume in ihrer eigentlichen Gestalt, aber auch Baumfeen und Geister, die in oder um die Bäume herum leben.
Von besonderen Gesteinsformationen gehen Kräfte und Strahlungen aus, die als magisch empfunden werden und einen deutlich wahrnehmbaren Einfluss auf uns Menschen ausüben. Wir spüren uns an solchen Orten erhaben, beschützt, wohl, beobachtet oder einfach nur selig.
In England wimmelt es gerade zu von magischen Kultorten, verwunschenen Wäldern, majestätischen Bäumen und faszinierenden Gesteinsformationen. Der Puzzlewood im Forest of Dean in Gloucestershire oder die Cheddar Gorge Gesteinsformation in Somerset sind Landschaften, die heute von Paganisten und Naturfreunden besucht und zelebriert werden.
Unterschiede und Gemeinsamkeiten: Paganismus, Neopaganismus, Neuheidentum
In England und Großbritannien nennen sich die Anhänger der Strömungen gern „Pagan“ oder Anhänger der „Pagan-Culture“. Neopaganismus (Neo-Paganism) meint nichts anderes, als neuzeitlicher Paganismus oder eben Neuheidentum.
Je nach Gruppierung wählen Anhänger dieser neuen Glaubensrichtungen Begriffe, die zu ihrem Selbstverständnis passen. In Deutschland wird der Begriff „Heidentum“ oft aufgrund der dunklen, christlichen Vergangenheit oft abgelehnt.
In England gibt es eine Abneigung gegen Begriffe wie Okkultismus und selbst die Pagan-Culture sieht sich oft Vergleichen mit schwarzmagischen Strömungen, die an Namen wie Aleister Crowley erinnern, ausgesetzt. Teilweise bevorzugen Gruppen daher Namen wie „ethnic/traditional religion“, um Missverständnissen vorzubeugen.
Auch wenn Okkultismus geschichtlich mit Aberglaube, Teufelsanbetung oder Tieropfern in Verbindung gebracht werden kann, hat ein Pagan von heute nichts damit zu tun.
Dennoch hat der Okkultismus in den paganischen Strömungen durchaus seinen berechtigten Anteil. Allerdings bringen sich die spirituell-medial ausgerichteten Gruppen doch lieber mit heilbringenden Namen der großen Medien und Natursichtigen wie Harry Edwards oder dem US-Amerikaner Edgar Cayce in Verbindung.
Was haben Tarot und Runen mit Paganismus zu tun?
Tarot bedeutet Trumpf oder auch Rad vom lateinischen „rota“ für Rad. Tarot-Orakel bestehen aus Zahlen, Bildern und Symbole, die das Wirken und das Auf und Ab der Lebenskräfte wiedergeben. Wie beim Trumpf oder dem sich ständig drehenden Lebensrad dominiert mal die eine Kraft, mal setzt sich die andere durch. Auf diese Weise entsteht die Vielfalt des Lebens.
Orakelspiele wie dieses gibt es auch in anderen Formen, in denen das Wirken der „Naturgottheiten“, Elemente oder Archetypen offensichtlicher ist, als im sehr komplexen Arkana-Tarot. Im Neopaganismus leben die alten Weissagungsmethoden wie Runen-Orakel und Wissenschaften wie die Geomantie (Weissagung der Erde) wieder auf.
Runen sind alte Schriftsysteme, die im Norden Europas gebräuchlich waren. Die simplen Strich- und etwas seltener Kreissysteme drückten in bildhafter Weise das Wirken der Kräfte, Ereignisse und Empfindungen aus. Für unseren Verstand sind die Zeichen heute nur noch schwer zu erfassen, doch Runen, keltische Ornamente und andere Symbolsprachen sprechen noch immer unsere Seele und unser Herz an.
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