Dylan Thomas

Mr Graham Bishell | Dreamstime.com

Dylan Thomas

Dylan Thomas

Das Bootshaus in Laugharne, in dem Dylan Thomas vier Jahre lebte

Von sich selbst sagte der berühmte walisische Schriftsteller Dylan Thomas (1914 - 1953) einmal: „1. Bin ich Waliser. 2. Bin ich ein Trinker. 3. Bin ich ein Liebhaber der menschlichen Rasse, insbesondere der Frauen.“ Diese Aussage ist beispielhaft für den exzentrischen Charakter, den Dylan Thomas an den Tag legte und für den er heute noch in Wales verehrt wird. Er ist der vermutlich bekannteste Walisische Schriftsteller aller Zeiten – und das, obwohl Wales das Land der Barden, der Geschichten und der Legenden ist.

Wie kein Zweiter hat Thomas es geschafft, die Seele von Wales in Gedichte zu hüllen – eine unbestimmte Melancholie, die wohl nirgendwo so deutlich zu spüren ist wie in seinem berühmten Gedicht „Do Not Go Gentle into that Good Night“.

Dylan Thomas – exzentrischer Rockstar der Literatur

Die Intensität, mit der er darin seinen Vater (und den Leser) beschwört, gegen den Tod zu kämpfen, so lange es eben geht, steht im krassen Gegensatz zu Dylan Thomas‘ frühen Tod und seinem ausschweifenden Lebensstil. Auch das unterstreicht das Bild einer fragilen und zugleich genialen Künstlerexistenz, das allgemein von Dylan Thomas vorherrscht. Sensibel und zerrissen, so wollen wir ihn heute sehen – doch Dylan Thomas war zugleich auch ein Rockstar seiner Zeit, der auf seinen Lesereisen von begeisterten und willigen Groupies verfolgt wurde und dessen größtes Laster der Alkohol war.

Unweigerlich fühlt man sich an Kurt Cobain erinnert – und wahrscheinlich ist Dylan Thomas am Ende ein literarischer, walisischer Kurt Cobain, mit einer Schwermut im Herzen, ewig rätselhaft und von einer geheimnisvollen Aura umgeben.

Sehr empfehlenswert ist auch das Buch Dylan Thomas von Literaturkritikerin Elke Heidenreich und dem Fotografen Tom Krausz. In ihrer Komposition aus melancholischen Schwarz-Weiß-Bildern und Gedichten des Walisers haben sie ein eigenes Kunstwerk als Hommage an den Autor geschaffen.

Niemals war Dylan Thomas, Sohn eines Gymnasiallehrers, ein wütender Sozialkritiker. Form und Klang gingen ihm über den Inhalt und als Inhalt hielt alles her, was dem Autor vor die Nase kam. Über das Trinken zu schreiben, hatte er ebenso wenig Skrupel wie über das Leben und den Tod. Lyrik hieß für ihn, „den Menschen zu feiern, und das bedeutete immer, Gott zu preisen … Aber [er] habe keine Philosophie. [Er] glaube an die universale, turbulente Akzeptanz, was nichts anderes besagen will, als dass [er] lebe.“ Und turbulent war sein Leben wahrlich, reich an Abgründen, an gefährlichen Untiefen, an Splittern und Scherben, an denen sich jeder schneiden konnte, der ihm zu nahe kam. Und so ist es kein Wunder, dass der Trinker und berüchtigte Choleriker auch einen absolut bühnenreifen Abgang hinlegte, der seinen Turbulenzen tatsächlich die Krone aufsetzte.

Das Legenden umwobene Leben des Dylan Thomas

Zum Schreiben zog sich Dylan Thomas in die Ruinen von Laugharne Castle zurück.

Dylan Thomas wurde 1914 in der südwalisischen Stadt Swansea geboren, der er selbst als „ugly, lovely town“ bezeichnete (eine „hässlich, liebenswerte Stadt“). Schon in frühester Kindheit war er von Literatur umgeben, konnte mit vier Jahren bereits Shakespeare rezitieren und zeigte schon mit 8 Jahre erste schriftstellerische Qualitäten. Sein erstes Gedicht wurde in der Schülerzeitung seines Gymnasiums veröffentlicht, als Dylan Thomas gerade 11 Jahre alt war. Es sollte bezeichnend für seinen späteren Lebensweg werden, dass er die Schule vorzeitig verließ und eine Anstellung als Journalist bei der South Wales Daily Post erhielt.

Immer sollte er auch in späteren Jahren von Gönnern umgeben sein, denen er ihre Großzügigkeit jedoch niemals wirklich dankte. Doch die Nähe des Genies schien ihnen Dank genug gewesen zu sein. Zwei Jahre später verließ Thomas Wales und ging nach London, einer Stadt, die einer fragilen Seele wie ihm viele Möglichkeiten des Absturzes bot. Unweigerlich versank der Dichter hier in einem Bohèmeleben und verfiel bald darauf dem Alkohol, seinem finalen Feind.

1934 erschien sein Gedichtband „18 Poems“, es war der Beginn einer steilen Karriere, doch weder mit Ruhm noch mit Geld konnte Dylan Thomas besonders gut umgehen. Das, was er an Geld verdiente, setzte er umgehend in Alkohol um, sodass es seiner Familie stets am Nötigsten fehlte. Die Ehe mit der Tänzerin Caitlin MacNamara schien seinem Leben so etwas wie Stabilität zu geben, doch auch dieser Eindruck war nur von kurzer Dauer. Später sollte er die drei gemeinsamen Kinder nicht mehr sehen wollen, weil er sie nicht mit Caitlin teilen wollte – auch das ein Ausdruck seines exzentrischen Charakters.

Vier Jahre lang lebte die Familie in einem notdürftig umgebauten, zweistöckigen Bootsschuppen in der südwalisischen Kleinstadt Laugharne, wo man noch heute das Haus der Familie Thomas am Seeufer besichtigen kann. Wer den Ort besucht, der weiß, woher Dylan Thomas die Inspiration für „Unter dem Milchwald“ fand, das Theaterstück, das zu seinen wichtigsten Werken gehört. Der Ort Laugharne wurde zum Vorbild für das fiktive Llareggub, in dem die Geschichte spielt. Seine Gedichte schrieb er zurückgezogen in einem kleinen Erker auf der Burgmauer des verfallenen Laugharne Castle – ein Bild, das so romantisch ist, dass es die Phantasie der Dylan-Fans noch heute beflügelt.

Do Not Go Gentle into that Good Night: das Ende

Wie oft muss Dylan Thomas diesen Blick über den See genossen haben?

Eine Vortragsreise in die USA im Jahr 1953 sollte das Schicksal von Dylan Thomas schließlich besiegeln. Noch wenige Tage vor seinem Tod wurde Thomas, der in dem Ruf stand, ein exotischer, trinkfester Bohemien zu sein und dementsprechend empfangen und hofiert wurde, gebeten, ein Libretto für eine Oper von Igor Strawinsky zu schreiben. Ausdrücklich habe Strawinsky um einen Text des „besten lebenden Schriftstellers“ gebeten. Das zeigt, wie hoch das Ansehen des walisischen Autors zu diesem Zeitpunkt gewesen sein muss – obwohl es heißt, er habe seine Gönner auf das böseste beschimpft und auch sonst keine Eskapaden ausgelassen. Sein Tod schließlich war so Legenden umwoben wie sein Leben.

Offiziell heißt es, Dylan Thomas sei an einer Lungenentzündung gestorben, die er wegen seiner Alkoholexzesse nie auskuriert hatte. Doch in der legendären Version brach er während einer „Milk Wood“-Probe zusammen, nachdem er angeblich achtzehn doppelte Whiskys getrunken hatte. Stolz soll er zuvor noch ausgerufen haben: „Ich glaube, das ist ein Rekord.“ Ruhm sollte er für diesen jedoch niemals einheimsen können. Weniger heldenhaft ist die Interpretation der Ereignisse durch den amerikanischen Arzt James Nashold, der herausfand, dass Dylan schon lange Diabetiker gewesen sei. Ein dubioser Künstlerarzt in New York habe ihm Kortison gespritzt – was in Kombination mit 18 doppelten Whiskys zum Tod führte.

Wie auch immer Dylan Thomas schließlich den Tod gefunden hat, sicher ist, dass ihm sein Ruf als genialer Exzentriker bis heute erhalten geblieben ist und dass die Waliser seine Gedichte, Essays und das Theaterstück „Unter dem Milchwald“ bis heute als nationale Schätze hüten. Deshalb darf er auch auf keiner Liste mit Buchtipps für Wales fehlen.

Auf den Spuren von Dylan Thomas durch Wales

Orte, die Sie auf Ihrer Reise auf den Spuren von Dylan Thomas besuchen sollten, sind die „ugly, lovely town“ Swansea, die Geburtsstadt des Dichters mit dem Dylan Thomas Centre, dem Dylan Thomas Geburtshaus und dem Dylan Thomas Trail. Letzterer führt sie nicht nur vom Centre zur Statue und dem Dylan Thomas Theatre, sondern auch in die Lieblingskneipen des Bohèmes. Der zweite Ort in Wales, der in engster Verbindung mit Dylan Thomas steht, ist Laugharne in Carmarthenshire. Dort können Sie das Boat House besichtigen, in dem Thomas vier Jahre lang – unter sehr ärmlichen Bedingungen - mit seiner Familie lebte und das Grab von Dylan Thomas und seiner Frau Caitlin auf dem Friedhof von St. Martin’s besuchen.

Ein schöner Spaziergang, der Dylan’s Birthday Walk, führt über 3,2 Kilometer am Bootshaus vorbei, der Küste folgend bis zum Friedhof und ist von Thomas‘ Gedicht „Poem in October“ inspiriert. Wenn Sie dann noch einen Plausch mit einem Dylan Thomas-Fachmann halten wollen, besuchen Sie den Corran Books Buchladen in der King Street von Laugharne, der von dem Thomas-Experten George Tremlett betrieben wird. Hier können Sie natürlich auch die Werke des großen Dichters kaufen.



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