Perth
Perth mag uns heute als kleines verschlafenes Örtchen erscheinen, unscheinbar auf halber Strecke zwischen Edinburgh und Aberdeen gelegen. Doch das Städtchen im Herzen Schottlands ist ein geschichtsträchtiger, bedeutungsschwangerer Ort, der den schottischen Königen einst sogar als Hauptstadt diente. Die Geschichte von Perth reicht bis weit in die Zeit vor der Christianisierung zurück, als die heutige Stadt im Zentrum des Piktenreiches lag.
Ganz in der Nähe lag Old Scone, das Zentrum des piktischen Königreichs. In der Gegend rings um Scone wimmelt es nur so von Heiligtümern und religiösen Kultstätten. Es ist also davon auszugehen, dass die Region schon in vorchristlicher Zeit von Bedeutung war. Die Greystanes, der bronzezeitliche Steinkreis von Sandy Road, gehören ebenso dazu, wie der Moot Hill, das einstige religiöse Zentrum der Pikten – und der spätere Krönungsort der Könige von Alba.
Das Goldene Zeitalter von Perth
Die Nähe zu Scone sorgte dafür, dass auch im heutigen Perth der Handel florierte. Nirgendwo verbrachte der König von Alba so viel Zeit wie in Perth und Umgebung. War also Edinburgh die formale Hauptstadt Schottlands, war Perth die eigentliche, faktische Hauptstadt des Landes. Hier residierte der König, hier sprach er Recht und hier wurde er gekrönt. Auf dem geheimnisvoll klingenden Stone of Destiny, der in der Abtei von Scone lag, wurden alle Könige von Schottland bis hin zu Alexander III. (1249) gekrönt. All das spielte sich nur einen Steinwurf von Perth entfernt ab.
In Perth siedelten sich unterdessen all die Handwerker an, die sich von einem Hofstaat wie diesem immer magisch angezogen fühlen. Innerhalb weniger Jahre, nachdem David I. von Schottland Perth den Titel „burgh“ verliehen und den Ort damit zur Stadt erklärt hatte, entwickelte sich Perth zu einer der reichsten Handelsstädte des Königreichs. Das 12. und 13. Jahrhundert war das Goldene Zeitalter von Perth. Die Handwerker schlossen sich zu Gilden zusammen, deren Viertel noch heute das Stadtbild prägen, und betrieben auf dem ganzen europäischen Kontinent Handel. Dafür bot die Lage der Stadt an der Mündung River Tay beste Voraussetzungen.
Den Bewohnern von Perth fehlte es in dieser Zeit an nichts. Luxusgüter aus allen Teilen Europas und der bekannten Welt kamen so nach Perth, darunter Seide aus Spanien, gute Weine und edle Töpferwaren aus Frankreich, wie sie unlängst bei Ausgrabungen gefunden wurden. Der Reichtum von Perth schien keine Grenzen zu kennen und wahrscheinlich wäre die Stadt auch heute noch die Hauptstadt Schottlands, wenn nicht die englische Besatzung gewesen wäre. Mit dem Ende des 13. Jahrhunderts hatte Perth jedoch seinen Zenit überschritten und war auf dem Wege die kleine unscheinbare Stadt zu werden, die wir heute kennen. Das 14. Jahrhundert war eine Zeit der politischen Instabilität, der ständigen Kriege, Kämpfe und Belagerungen.
Wo die Handwerker einst sicher und friedlich ihrer Arbeit nachgehen konnten, musste jetzt die Stadt verteidigt werden. Dabei stellte sich die leichte Befestigung der Stadt – unterstützt nur von einem Burggraben – als fataler Fehler heraus, denn als Edward I. von England 1296 in Perth einmarschierte, hatte er leichtes Spiel mit ihr. Die Engländer hatten die Schwachstelle der schottischen Hauptstadt erkannt und genutzt – und aus den Fehlern gelernt. Kaum hatten sie die Stadt besetzt, begannen sie mit dem Aufbau einer besseren Befestigungsanlage.
Der Fall der Königsstadt Perth
Das war zu jener Zeit, als der schottische Nationalheld William Wallace Männer um sich sammelte, um den Engländern Widerstand entgegenzusetzen. 1297 entschieden die Schotten die Schlacht bei Stirling Bridge, nur 50 Kilometer südwestlich von Perth für sich. Es sollte jedoch bis 1313 dauern, bis Robert the Bruce die Schlacht bei Bannockburn gewann und daraufhin Perth zurückerobern konnte. In einer ersten Amtshandlung ließ er die Befestigungen der Engländer zerstören. Doch der Frieden war nur von kurzer Dauer. 1332 stand Perth bereits erneut unter Beschuss.
Nach dem Tod von Robert the Bruce hatte Schottland sofort wieder an Stabilität eingebüßt. Der minderjährige Regent David, der Robert the Bruce auf den Thron folgte, wurde von einem schwachen Regenten vertreten, der Perth nicht halten konnte. Edward Balliol, der Thronanwärter, eroberte die Stadt im Sturm und ließ sich hier nach alter Tradition zum König von Schottland krönen. Die Folge war ein Bürgerkrieg, über den Edward Balliol schnell die Kontrolle verlor. 1339 wurden er und sein Gefolge aus Perth vertrieben.
König Edward III. von England wollte Perth dann endgültig unter seine Kontrolle bringen. Er wusste, wie bedeutsam die Stadt für Schottland war, und wollte seinen Einfluss von hier aus geltend machen. Er ließ massive Befestigungsanlagen rings um die Stadt errichten, die zu den stärksten in Schottland zählten und die ihre Funktion über Jahrhunderte hinweg erfüllen sollten. Leider ist davon heute nichts mehr zu sehen, denn die letzten Überreste der Anlagen wurden in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts zerstört.
Das späte 14. Jahrhundert sah den Niedergang von Perth, das zusehends an Bedeutung verlor. John Knox, der schottische Reformator, wählte es im 16. Jahrhundert noch einmal zu seiner Basis und auch die Jakobineraufstände legten ihren Fokus auf Perth. Sowohl 1689 als auch 1715 und 1745 besetzten die Jakobiten, deren Bestreben es war, den im Exil lebenden Thronprätendenten aus dem Hause Stuart zurück auf den schottischen Thron zu verhelfen, die Stadt. Nachdem die Sache der Stuarts nach der Schlacht bei Culloden, 1745, aber endgültig verloren war, fand sich Perth in seine neue, weniger bedeutsame Rolle ein und legte den neuen Fokus auf Bildung und Forschung. Mit der Industrialisierung wurde Perth zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt.
Daran hat sich bis heute nichts geändert. Wer mit Bus und Bahn durch Schottland reist, der kommt an Perth nicht vorbei. Und so lernen die meisten Schottland-Besucher Perth nur als unscheinbaren Umsteigepunkt kennen. Vom einstigen Glanz der piktischen Hauptstadt ist leider nur noch wenig zu erkennen. Nur wer mit offenen Augen auf die Suche nach den Spuren einstiger Größe geht, wird hier fündig.
Weitere Sehenswürdigkeiten Perth
Besucher von Perth werden es immer bedauerlich finden, dass viele der alten Gebäude und Anlagen im Laufe der wechselhaften Geschichte der Stadt zerstört wurden.
Das königliche Schloss fiel bereits 1209 einer Überschwemmung durch den Tay zum Opfer, die mächtigen Befestigungsanlagen wurden in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zerstört und die letzten Wachtürme fielen im frühen 19. Jahrhundert. Dennoch hat Perth noch die eine oder andere historische Sehenswürdigkeit zu bieten.
Ganz weit oben auf der Liste steht natürlich Scone Palace, der Ort, an dem bis zum Ende des 13. Jahrhunderts die schottischen Könige auf dem Stone of Destiny gekrönt wurden. Der heutige Scone Palace ist ein Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert und in Besitz des Earls of Mansfield. Der Palast ist ein schönes Beispiel englischer Schloss-Architektur. Der romantische Zinnenkranz an den Rändern und die reich verzierten Innenräume sind ein exzellentes Beispiel britischer Neo-Gotik. Der Schicksalsstein, den Sie heute hier besichtigen können, ist jedoch nur eine Nachbildung des Originals, das in Edinburgh Castle ausgestellt wird, zusammen mit den Kronjuwelen und den Königsinsignien von Schottland.
Weitere historische Sehenswürdigkeiten in der näheren Umgebung von Perth sind Elcho Castle aus dem 16. Jahrhundert und Huntingtower Castle aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Beide Burgen sind heute im Besitz von Historic Scotland. Außerdem lohnt sich ein Besuch in der St. John’s Kirk. Die heutige Kirche wurde auf den Überresten der mittelalterlichen Kirche aus dem 15. Jahrhundert errichtet. Wer sich für britische Militärgeschichte interessiert, wird im Black Watch Museum in Balhousie Castle fündig.
Anreise Perth
Perth liegt nördlich von Edinburgh, etwa auf halber Strecke zwischen Edinburgh und Aberdeen. Seit der Industrialisierung ist die Stadt ein Verkehrsknotenpunkt. Wer also mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf Schottlands Nord-Süd-Achse unterwegs ist, kommt an Perth als Umsteigepunkt nicht vorbei.
Dementsprechend gut ist die Anbindung an alle größeren Städte Schottlands. So besteht zum Beispiel eine direkte Zugverbindung zwischen Edinburgh und Perth, für die Sie knapp 1,5 Stunden einplanen sollten. Von Glasgow aus nehmen Sie den Zug in Richtung Aberdeen und erreichen nach gut einer Stunde Perth. Die Fahrtzeit ab Aberdeen beträgt mit dem Zug zwischen Dyce und Glasgow Queen Street etwas mehr als 1,5 Stunden und von Inverness aus brauchen Sie mit der Bahn nach Edinburgh ca. 2 Stunden bis Perth.
Wenn Sie mit dem Auto unterwegs sind, erreichen Sie die ehemalige Hauptstadt über die A9 zwischen Stirling und Inverness und über die M90 nördlich von Edinburgh.
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