Gloucestershire

Andrew Roland | Dreamstime.com

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Die Idylle einiger Landstriche in Gloucestershire ist geradezu ergreifend.

Eingebettet zwischen Somerset, Wiltshire und Oxfordshire liegt in Südengland die fruchtbare und geheimnisumwitterte Grafschaft Gloucestershire. Die Landschaft hier ist uralt und der Fluss Severn bahnt sich seinen Weg durch einen Landstrich, der durch die Jahrtausende viel erlebt hat. So kurz vor der Grenze nach Wales gelegen war Gloucestershire schon seit wenigstens 2.000 Jahren eine leitgeprüfte Region. Der Offa’s Dyke markierte einst die gedachte Linie, hinter der das römische Reich endete und das Reich der Kelten begann.

Folgt man seinem Verlauf heute, zeigt sich Gloucestershire von seiner schönsten Seite: Als hätte es hier niemals grausige Schlachten gegeben, zieht sich das funkelnde Band des Severn durch das flache, fruchtbare Tal, in dem uralte knorrige Bäume dem Himmel entgegen streben. Was vom Offa’s Dyke noch übrig ist – und das ist wirklich nicht mehr viel – das hat nichts einschüchterndes mehr. Die letzten Mauerreste, die sich die Natur Stück für Stück zurückerobert, mit Moosen überzieht und mit Efeu umrankt, machen einen verwittert romantischen Eindruck. Sie erinnern daran, dass es hier, im Forest of Dean, dem westlichsten Distrikt Gloucestershires, nicht immer so friedlich war, doch was dieser Wall gesehen hat, ist zu einem Flüstern zwischen den alten Bäumen verhallt.

Gloucestershires Schatz: der Forest of Dean

Gloucestershire

Der Forest of Dean – der Wald, nach dem der Distrikt im Westen von Gloucestershire benannt ist, ist eines der letzten Überbleibsel des Urwaldes, der England einst bedeckte. Gerade einmal 120 km² sind von diesem einst gigantischen und stolzen Wald übrig geblieben. Streift man heute durch den Forest of Dean kann man einen ungefähren Eindruck davon bekommen, welche Artenvielfalt einst in England zuhause war.

Wälder wie dieser waren die Heimat von Geistern und Legenden und noch heute scheint zwischen den uralten Stämmen etwas zu leben, was der Besucher kaum in Worte zu fassen vermag. Doch während man früher tagelang durch diese Wälder reisen konnte, ist heute nicht mehr viel übrig von der einstigen Pracht und Wildnis. Spätestens seit dem 13. Jahrhundert mussten die Wälder dem Ackerland weichen und der Bedarf an Holz, den die wachsende, aufstrebende Nation hatte, war kaum zu decken. Um 1800 herum gab es in England fast keine Wälder mehr.

Nur in wenigen Gebieten finden wir deshalb heute in England Wälder, die älter als 400 Jahre sind. Einer von ihnen befindet sich hier, in Gloucestershire. Der Forest of Dean ist deshalb in jedem Fall einen Besuch wert. Schnell spüren Sie, wie die Energie dieses Waldes auf Sie übergeht, eine Energie, die übrigens auch bedeutende britische Schriftsteller wie J.R.R. Tolkien und J.K. Rowling inspirierte. Und mit ein bisschen Phantasie kann man im Forest of Dean tatsächlich die Ents entdecken, uralte Lebewesen, die Bäumen gleichen und zu deren Schutz sie geschaffen wurden.

Es ist davon auszugehen, dass Tolkien, der in Oxford studiert hat und einige Zeit im Lydney Park Estate verbrachte, in diesem Wald mehr sah, als nur einen alten Wald – etwas, das ihn zur größten Fantasy-Saga aller Zeiten inspirierte: dem „Herrn der Ringe“. Darüber können Sie gern nachsinnen, wenn Sie durch diesen Wald aus 20 Millionen Eichen, Birken, Buchen, Eschen und Stechpalmen wandern, der seit 1938 unter Naturschutz steht. Ein besonderes Erlebnis ist die Fahrt mit der dampfbetriebenen Museumsbahn von Lydney durch den Wald.

Landschaftliche Schönheiten in Gloucestershire

Der Forest of Dean ist aber längst noch nicht alles, was Gloucestershire an landschaftlicher Schönheit und Sehenswürdigkeiten zu bieten hat. Die Cotwold Hills tragen nicht umsonst die Auszeichnung Area of Outstanding Natural Beauty. Der Distrikt im Osten von Gloucestershire bezaubert mit einer Idylle, die man in einem Bilderbuch aber nicht in der realen Welt erwarten würde. Erwischt man einen sonnigen Sommertag, sind die Farbenpracht und die Friedlichkeit dieses Landstriches kaum in Worte zu fassen.

Honigfarbene Steinhäuser, malerische Dörfer, sanft geschwungene Hügellandschaften, alte Wälder und ein strahlendblauer Himmel mit weißen Schönwetterwolken – in den Cotswold Hills fällt es schwer nicht jedes Klischee zu bedienen.

Große Städte sucht man in diesem Teil von Gloucestershire vergeblich: Kleine Dörfer und Weiler bestimmen das Bild. Die Region ist bekannt für die Megalithanlagen des Typs Cotswold Severn tomb. Dieser Typ, der seinen Namen offensichtlich den Cotswold Hills verdankt, zeichnet sich durch seine Trapezform aus. Sie finden sich in der Regel unter Langhügeln und haben an der meist im Osten liegenden Kopfseite eine mehr oder minder große Einbuchtung. Eine sorgsam gefertigte Außenmauer sorgt dafür, dass die Anlage ihre Form behält. Beispiele für diese fast ausschließlich in Gloustershire vorkommende Grabkammer-Form sind Belas Knap, Hazleton North, der Long Barrow von Nympsfield und der Uley Long Barrow.

Zeugnisse der Geschichte von Gloucestershire

Der Forest of Dean ist einer der Schätze von Gloucestershire.

Doch nicht nur aus der Frühgeschichte hat sich Gloucestershire seine Zeugnisse bewahrt: Auch aus späteren Jahrhunderten gibt es viele Sehenswürdigkeiten. Die Kathedralen von Gloucester und Bristol zum Beispiel lohnen einen Besuch. Es heißt Gloucester, die Stadt, die der Grafschaft ihren Namen gab, wäre bereits vor der Zeit der römischen Besatzung eine britische Siedlung mit Namen Caer Glow gewesen. Dafür gibt es zwar keine urkundlichen Beweise, doch die Stadt wirkt so alt, dass man das gerne glauben möchte. Die Römer nutzten Gloucester als Garnisonsstadt und im 12. Jahrhundert hatte die Stadt für die Normannen eine besondere strategische Bedeutung, die man noch heute an der Pracht der Kathedrale der Heiligen Dreifaltigkeit von Gloucester erkennen kann.

Martin Hürlimann nannte sie in seinem Buch „Englische Kathedralen“ eines „der wichtigsten und rätselhaftesten Baudenkmäler der ganzen Kunstgeschichte.“ Ihre phantasie- und kunstvollen Gewölbe und Gänge ließen die Kathedrale von Gloucester als ideale Kulisse für mehrere Harry-Potter-Filme erscheinen, deren Szenen zum Teil in diesen Gemäuern gedreht wurden. Ein ähnlich bedeutendes Gebäude gibt es in Gloucestershire nur noch in Bristol. Die dortige Kathedrale der heiligen und ungeteilten Dreifaltigkeit wurde bereits 1140 gegründet. 700 Jahre (bis 1877) dauerte es, bis der Bau schließlich seine heutige Anmutung erhielt – eine unvorstellbar lange Zeit!

Tewkesbury Abbey ist eine der Sehenswürdigkeiten von Gloucestershire.

Noch mehr spannende Geschichte finden Besucher von Gloucestershire in dem Städtchen Tewkesbury, das am Zusammenfluss von Avon und Severn liegt und damit traditionell eine sehr bedeutende Stadt war. Benannt ist sie nach dem Angelsachsen Theoc, der hier im 7. Jahrhundert Theocsbury gründete, eine Einsiedelei. Heute ist von der einstigen Einsamkeit nicht mehr viel zu spüren, auch wenn Tewkesbury mit gerade einmal 10.000 Einwohnern wahrlich keine große Stadt ist.

Bekannt ist sie vor allem wegen der Tewkesbury Abbey aus dem 11. und 12. Jahrhundert, die auf den Ruinen einer wesentlich älteren Kirche steht, und wegen der Schlacht von Tewkesbury (1471), während der die Armee von Eduard IV. während der Rosenkriege einen bedeutsamen Sieg über das Haus Lancaster errang. Ähnlich beschaulich ist das Städtchen Winchcombe im Distrikt Tewkesbury. Schon vor 5.000 Jahren lebten hier Menschen. Die Megalithanlage Belas Knap, die auf etwa 3.000 v.Chr. zurückdatiert wird, ist der Beweis dafür.

Später errichteten hier die Angelsachsen eine für sie bedeutende Stadt. Es heißt, der angelsächsische Heilige St. Kenelm sei hier begraben. Sehenswert sind Sudeley Castle und die Überreste von Hailes Abbey. Die Abtei galt als eine der wichtigsten Pilgerstätten in Großbritannien und hatte auch weit über Gloucestershire hinaus Bedeutung. Sehnsuchtsziel der Pilger war eine Phiole mit dem vermeintlichen Blut Jesu Christi, die 1270 in Deutschland erworben und seit dem in Hailes Abbey aufbewahrt wurde. Heinrich VIII. entlarvte das Blut als Fälschung und ließ die Abtei am Weihnachtsabend 1539 schließen. Damit fiel sie als eine der letzten Institutionen dem Edikt des Königs zum Opfer.

Gloucestershire ist eine Region voller Geschichte, die zu erkunden sich lohnt. Wer mit offenen Augen durch die Grafschaft reist, kann viel entdecken und wird diesen Landstrich schnell ins Herz schließen.



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