Der Stadtteil Hackney in London
Londons Stadtteil Hackney galt lange Zeit als das Armenhaus der britischen Metropole, doch entwickelte sich das ehemals triste Viertel mehr und mehr zum Geheimtipp für Besucher der englischen Hauptstadt.
Hackney präsentiert sich heute bunter und lebhafter denn je und lockt mit vielfältigen kulturellen Angeboten.
Entwicklung
Für die römischen Verwalter diente Hackney einst mit seinem weiten Ackerland als Nahrungslieferant für die nahe gelegene Stadt Londinium. Später siedelten sich hier Handwerker und Händler an. Es folgten Mühlen am Flüsschen Lea, die dem Viertel später seinen Namen gaben. Die erste Erwähnung Hackneys datiert aus dem Jahr 1198 und bezeichnete den Standort einer Mühle auf einer erhöhten Stelle im Sumpf („ey“), die einem Dänen namens Haca bzw. Hacon gehörte. Noch im späten 18. Jahrhundert war Hackney eine von Acker- und Weideflächen geprägte ländliche Gemeinde mit einer nur geringen Einwohnerzahl.
Doch mit der einsetzenden Industrialisierung und der Einführung der Dampfmaschinen wandelte sich das Antlitz Hackneys grundlegend. Der Moloch London verlangte mehr und mehr nach Arbeitskräften. Rasch wuchs die Einwohnerzahl; aus Ackerland wurde Bauland.
Während sich in Westminister die Begüterten der Stadt niederließen, siedelten sich in Hackney jene an, die zu den Ärmsten der Armen zählten. Der nordöstlich Londons gelegene Stadtteil wurde zum Sammelbecken derer, die zu krank, zu alt oder aus anderen Gründen nicht in der Lage waren, ihren Lebensunterhalt in den Fabriken zu verdienen. Hackney präsentiert sich dem Betrachter historischer Aufnahmen aus jener Zeit als Inbegriff vollkommener Tristesse. Wer hier lebte, hatte nichts mehr zu verlieren.
Die „goldenen Zwanziger Jahre“ gingen an Hackney spurlos vorüber, umso mehr schlugen sich jedoch die Auswirkungen der ersten großen Weltwirtschaftskrise zu Beginn der 1930er Jahre im ärmsten Stadtviertel Londons nieder. Im 2. Weltkrieg zerbombt, entstanden im Hackney der Nachkriegszeit zumeist eingeschossige Gebäude aus Klinkerstein mit flachen Dächern. Lockte London ab den späten 1960er Jahren Touristen in Scharen in die Metropole, blieb Hackney unbeachtet. Der Beginn des Wandels Hackneys zum Geheimtipp für Besucher der britischen Hauptstadt setzte Ende der 1990er Jahre ein.
Hackney heute
Heute zeigt sich das ehemalige Armenhaus Londons als quirliges und buntes Stadtviertel. Hier leben 212.000 Menschen, knapp zwei Drittel davon sind jünger als 44 Jahre*. Galten die kleinen Klinker-Häuschen nahe des Regent's Canal vor rund 20 Jahren mangels Interessenten noch als unverkäuflich, sind sie heute nach exorbitant gestiegenen Immobilienpreisen nahezu unerschwinglich. Mehr und mehr Künstler und Galeristen entdeckten Londons vergessenen Stadtteil.
Hinzu kamen Gastronomen, die sich dem Lebensstil des neuen Klientels anpassten und ihrerseits zum Aufschwung des Viertels beitrugen. Einen weiteren Anschub erhofft sich Hackney von der Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2012 in London.
The Broadway Market
Ein gutes Beispiel für den Wandel Hackneys ist der Broadway Market. 2004 von Händlern und Anwohnern als Genossenschaftsmarkt gegründet, gilt er als einer der erfolgreichsten in ganz London. Zwischen der Parkanlage London Fields und Regent’s Canal gelegen, kann der Besucher Delikatessen aus der ganzen Welt einkaufen.
Das Angebot reicht vom selbst gerösteten Kaffee über Kleidung aus den Second-Hand-Shops bis hin zu chinesischen Massagen. Fleisch von freilaufenden Tieren ist hier ebenso erhältlich wie Köstlichkeiten aus der Karibik. Wer mag, kann auf dem Flohmarkt nach Raritäten suchen. Das Flair des Broadway Markets wird von Straßenmusikern und kleinen Boutiquen abgerundet.
Vyner Street
In der Vyner Street reihen sich auf rund 200 Metern zahlreiche Galerien aneinander, in denen an zeitgenössischer Kunst wie Video-Installationen und Comics gearbeitet wird. In kleinen Gruppen kann der Besucher tief in die Kunstszene Londons eintauchen und zwar ganz genau dort, wo sie entsteht: In Hackney. Überhaupt scheint dieser London Stadtteil ein gutes Pflaster für Künstler zu sein, vielmehr Künstlern etwas besonderes mitgeben zu können: Gary Brooker, als Musiker mit der Band Procol Harum bekannt geworden, erblickte in Hackney das Licht der Welt. Und ein ebenfalls ganz großer der Branche, Marc Bolan, Sänger und Gitarrist der legendären T. Rex, stammt ebenfalls aus Hackney und lebte dort bis zu seinem 15. Lebensjahr.
The Hackney Empire
In der Mare Street befindet sich eines der berühmtesten Theater der Stadt, das Hackney Empire (291 Mare Street, London E8 1EJ). 1901 eröffnet, standen hier bereits Berühmtheiten wie Charlie Chaplin oder Stan Laurel auf der Bühne. Heute ist das Veranstaltungsspektrum von Comedy und Varieté über Musik- und Tanzveranstaltungen bis hin zu Schauspiel und Oper breit gefächert.
The Wapping Project
Zwar nicht direkt in Hackney, jedoch im angrenzenden Stadtteil Wapping gelegen, ist eine weitere Sehenswürdigkeit unbedingt zu erwähnen: The Wapping Project (Wapping Wall, London E1W 3SG) . Zwischen 1890 und 1977 als Pumpenstation genutzt, eröffnete die Künstlerin Jules Wright im Herbst 2000 eine Mischung aus Kunstausstellung und Gastronomie. Hier werden im Ambiente des ehrwürdigen Gebäudes Filme, Installationen und Fotos gezeigt sowie Speisen und Getränke serviert, die sich der London-Besucher keinesfalls entgehen lassen sollte. Käme ein Zeitreisender aus dem Hackney des Jahres 1850 in das heutige Hackney – er würde seinen Augen nicht trauen. Zwar reicht der Glanz Hackneys noch nicht an den des reichen Nachbarn Wapping heran, aber wie eingangs bereits beschrieben, das Viertel befindet sich in mitten einer aufregenden Entwicklung. Und ein Ende ist nicht abzusehen.
(*Quelle: ONS Population Estimates - Age groups and sex for local authorities in the United Kingdom.)
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