Die Kelten

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Die Kelten

Die Kelten

Die Kelten haben nur wenige Zeugnisse hinterlassen - doch sie beflügeln unsere Phantasie.

Kaum ein anderes Volk ist so von Legenden umwoben wie die Kelten. Die vage Vorstellung, die wir von dem haben, was die Kelten gewesen sein könnten, ist Anlass zu wilden Phantastereien und inspiriert bis heute Menschen, die sich nach Harmonie und Einklang mit der Natur sehnen, zu Träumereien. Die Kelten sind ein dankbares Traumobjekt, schließlich wissen wir eigentlich nur sehr wenig über sie.

Überall auf dem europäischen Kontinent finden wir ihre Spuren. Doch zwischen ihnen fehlen zu viele Glieder in der Kette, als dass wir verstehen könnten, wer die Kelten wirklich waren. Dennoch wollen wir versuchen, die Puzzleteile zu einem groben Bild zusammenzufügen, denn die keltische Kultur scheint uns auf den britischen Inseln überall zu begegnen. Ein Verständnis dieses fremden Volkes – mag es auch noch so grobmaschig sein – ist deshalb nicht unwichtig, wenn man die Magie verstehen will, die vom alten Britannien ausgeht.

Wer waren diese geheimnisvollen Kelten?

Zuerst einmal müssen wir uns von der Vorstellung lösen, dass es sich bei den Kelten um ein einzelnes Volk handelte. Historiker gehen heute davon aus, dass sich hinter „den Kelten“ eigentlich viele Völker oder Stämme verbergen. Sie schließen aber auch nicht aus, dass es sich lediglich um eine Sprachgemeinschaft handelte, die sonst nichts gemein hatte. Vielleicht waren die Kelten aber auch weder das eine noch das andere. Vielleicht warfen die antiken Gelehrten und Schreiber auch einfach alle Fremden in einen Topf und nannten sie Kelten. Im 6. Jahrhundert vor Christi jedenfalls tauchten die Begriffe „Keltoi“, „Keltai“ und „Celtae“ zum ersten Mal in der antiken griechischen Literatur auf. Gemeint war damals ein Stamm, der in der Nähe des heutigen Marseilles, nahe einer griechischen Kolonie, lebte.

Dass die, die wir heute Kelten nennen, sich jemals selbst so nannten, ist nur ein einziges Mal historisch belegt: So schrieb Gaius Julius Caesar über die Bewohner Galliens, sie würden sich „Caltea“, also Kelten, nennen. Das würde dann aber nur die Bewohner Zentralfrankreichs einschließen. Warum aber nennt man dann Menschen, die vom Atlantik bis zum Schwarzen Meer, von den Pyrenäen bis nach Britannien siedelten, Kelten? Die Archäologin und Keltenforscherin Frau Professor Rieckhoff erklärt dies im Interview mit GEO damit, dass der Begriff „Kelten“ seit „20,30 Jahren eine ähnliche Vulgarisierung und Verbreitung erfährt wie einst der der Germanen.“ Dabei vergesse „man schnell, dass unsere Beschreibung der Vergangenheit nur ein Konstrukt ist.“

Was wissen wir heute über die Kelten und ihre Zeit?

Die Keltologie steckt noch in den Kinderschuhen. Forscher aus allen Bereichen der Wissenschaft – Archäologen, Anthropologen, Historiker, Sprachwissenschaftler und Archäologen – versuchen deshalb vor allem, Gemeinsamkeiten zusammenzutragen, anhand derer diese Gruppe greifbarer würde. Die Arbeit wird jedoch durch eine sehr wesentliche Gemeinsamkeit erschwert: Die Kelten hatten keine Schrift und überlieferten deshalb keinerlei eigene Zeugnisse, aus denen wir etwas über ihr Selbstverständnis erfahren könnten. Alle Texte, mit denen die Forscher heute arbeiten können, stammen von griechischen und römischen Autoren.

Das Bild, das sie uns überliefern, ist wenig schmeichelhaft und erklärt in keinster Weise die Faszination, die heute von den sagenumwobenen Kelten ausgeht. Platon beispielsweise beschrieb die Kelten um 350 v. Chr. als „kriegerisch“ und „versoffen“. Doch dies kann allenfalls ein winziger, vielleicht Stecknadel großer Ausschnitt aus dem Gesamtbild sein. Er gewichtet schwer, weil wir wenig anderes über die Kelten wissen, doch es gibt Funde, die beweisen, dass die Kelten an der Schwelle zur Hochkultur standen, als Caesar in Gallien einfiel. Das heißt, dass davon auszugehen ist, dass sie bereits über eine geplante Landwirtschaft, über Städte, eine hierarchische Verwaltung und Arbeitsteilung verfügten. Damit waren sie ihren östlichen Nachbarn, den Germanen, um 60 v. Chr. weit voraus.

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Die Orte, die den Kelten heilig waren, üben noch heute eine besondere Anziehungskraft aus.

Außerdem wissen wir, dass die Kelten begabte Kunsthandwerker, Sänger, Musiker und Geschichtenerzähler waren. Sie können also nicht die primitiven Barbaren gewesen sein, für die sie die griechischen und römischen Geschichtsschreiber oft hielten. Sie waren anders – und das machte den Griechen und Römern, die sich für die Krone der Schöpfung hielten, Angst.

Dieses Anderssein lässt sich anhand der dünnen Faktenlage, über die wir verfügen, nur sehr schwer spezifizieren. Ganze Bücher wurden damit gefüllt. Hier wollen wir uns zunächst damit begnügen, zu sagen, dass die Geschichte der Kelten vermutlich bis weit in das Dunkel der Frühgeschichte hineinreicht. Einige Forscher wagen vorsichtige Schätzungen und sprechen von einer Geschichte, die bis zu 5.000 Jahre zurückreicht. Ihren Ursprung haben die Kelten in der Region zwischen dem heutigen Burgund und Böhmen. Archäologische Funde lassen die Annahme zu, dass die Kelten hier bis ca. 500 v.Chr. zentriert lebten.

Zu dieser Zeit war das Europa nördlich der Alpen überbevölkert und Rohstoffe wurden knapp. Man nimmt an, dass dies die keltische Wanderung auslöste, in deren Verlauf sie sich über den gesamten Kontinent ausbreiteten. Die Kelten zogen gen Süden, nach Norditalien – und sogar bis Rom – und in Richtung Südwesten, auf den Balkan. Schon im vierten vorchristlichen Jahrhundert gibt es auch Hinweise auf eine Besiedlung Britanniens durch die Kelten. Einer Theorie zufolge eroberten sie mit nur wenigen Männern die Insel, die von einem beinahe unbekannten Urvolk, das vermutlich aus dem indoeuropäischen Raum stammte, bewohnt wurde, im 3. Jahrhundert. Interessant ist, dass die keltische Kultur in Britannien deutliche Unterschiede zu zeitgleichen Kulturen auf dem Festland aufwies. Vermutlich bildete sich hier durch die räumliche Isolation eine eigenständige Kultur heraus. Auf diese Besonderheit wollen wir später noch eingehen. Das Kerngebiet der Kelten aber blieb das heutige Frankreich und die Schweiz.

Blüte und Fall der Kelten in Europa

Hier entwickelte sich die Latènekultur, eine prähistorische Hochkultur, die im stetigen Austausch mit den fortgeschrittenen Kulturen des Mittelmeerraums stand und von ihnen Produktionsverfahren und Handwerk übernahmen. Zu dieser Zeit – ab dem 2. Jahrhundert vor Christi - entfalteten sich die Kelten zu voller Blüte und errichteten die ersten Metropolen nördlich der Alpen: Bibracte und die in der Nähe des heutigen Manching in Bayern gelegene Siedlung, die als eine der ersten Städte Mitteleuropas gilt.

Die Ruinen legen Zeugnis von prächtigen Bauten, von Werkstätten, Tempeln und Höfen ab, zeigen, dass die Bewohner Wälder rodeten und Stein abbauten, dass hier eine Geldwirtschaft existierte, Arbeitsteilung betrieben, Schrift und neue Techniken genutzt wurden. Archäologische Ausgrabungen brachten erlesenen Schmuck zu Tage, wertvolle Fibeln, Handelsgüter aus fernen Ländern und kunstvoll verarbeitete Statuen. All dies beweist, dass die Kelten keineswegs die primitiven Barbaren waren, für die die antiken Geschichtsschreiber sie hielten. Im Gegenteil: Sie waren ein hoch entwickeltes Volk. Warum die keltische Siedlung bei Manching letztendlich unterging, wissen wir heute nicht. Sicher ist, dass die Bewohner die Stadt kurz vor der Jahrtausendwende verließen und die Stadt verfiel.

So wie die Kelten aus Manching verschwanden, so verschwanden sie auch ganz allmählich von der Bühne des nachchristlichen Europas. Lediglich in Britannien hielten sie sich. Dies ist vor allem deshalb interessant, weil die Kelten nicht besonders zahlreich auf die Insel kamen. Dennoch adaptierten die Ureinwohner die Sprache, die Kultur und die Gewohnheiten der Eroberer scheinbar sehr schnell. Einige Forscher sagen deshalb sogar, die Kelten seien nie nach Britannien eingewandert, sondern die dortigen Bewohner hätten einfach die Entwicklungen auf dem Kontinent nachvollzogen – wenn auch mit etwas zeitlichem Abstand.

Heute inspirieren die Kelten Menschen in aller Welt zu einem Leben im Einklang mit der Natur, doch diese 'Suche nach keltischen Traditionen ist eine moderne Sehnsucht.'

Die keltische Kultur habe sich dementsprechend eigenständig entwickelt und sei nicht darauf zurückzuführen, dass eine Gruppe verwandter oder wenigstens sprachverwandter Menschen nach Britannien gekommen sei. Die wenigen Kelten, die übergesiedelt seien, hätten demnach bereits eine keltische Kultur auf der Insel vorgefunden.

Wie auch immer: Auf den britischen Inseln überlebte eine Kultur, die der Keltischen sehr ähnlich war, auch wenn Frau Professor Rieckhoff erklärt, dass die keltische Tradition auf den Britischen Inseln „fiktiv“ sei, weil es „dort keine Kelten im Sinne Caesars gegeben hat, jedenfalls wissen wir nichts davon.“ In diesem Licht stellt sich jedoch die Frage, warum Großbritannien heute das Ziel all derer ist, die sich in alte keltische Bräuche flüchten wollen. Rieckhoff erklärt: „Diese Suche nach keltischen Traditionen ist eine moderne Sehnsucht.“ Die Frage, wie sie sich diese Sehnsucht erkläre, beantwortet sie mit: „Vermutlich sucht man in den prähistorischen Kulturen nach etwas, mit dem man sich identifizieren kann.

Man kann sich aber nur mit etwas identifizieren, das einen Namen hat.“ Und diesen Namen hat man heute gefunden: die Kelten. So ungenau dieser historische Begriff auch sein mag, so unklar die Faktenlage, so schwammig unser Bild von ihnen – eines ist sicher: Die Kelten faszinieren uns und werden es auch in Zukunft tun und unsere Streifzüge durch England, Schottland und Wales bereichern.



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